Die 6. Woche neigt sich dem Ende

Hallo, schön, dass Du da bist, gerne erzähle ich Dir von meinen Erlebnissen der vergangenen Woche. 

Letzten Samstag hatte ich noch Besuch von Lukas, Juhee und ihren beiden Kindern Moana und Koa (mein Patenkind). Danke, dass ihr mich besucht habt, es war sehr schön. Ich durfte ihnen die Klosterkirche, den Weinkeller und die Stiftsbibliothek zeigen. Da ich selbst erst einmal in der Stiftsbibliothek war, musste ich erst in diesem grossen Komplex suchen, wo sie ist, nach dem ersten falsch laufen, ich kam leicht ins Schwitzen, haben wir sie dann gefunden. 
Der rote Kreis wo ich zuerst gesucht habe
und der gelbe Kreis wo wir sie dann gefunden haben.
Naja wer sucht der findet oder?
Wir waren dann auch noch eine kurze Runde spazieren, was auch sehr schön war bei bestem Wetter und dem Ausblick über Einsiedeln und das Kloster von hinten. Es ist immer wieder schön wie sehr sich Kinder für die einfachen Dingen im Leben begeistern können und sich überhaupt keine Gedanken darüber machen, was wohl der andere denken könnte und wie wunderbar ansteckend das ist. Und doch, wie viel das an Energie fordert, es war ja nur der Nachmittag mit ihnen, das waren 5 Stunden und ich war fix und fertig danach. Hut ab, an Juhee, dass sie das immer mit einer solchen Gelassenheit meistert und immer für alle Fälle gewappnet ist. Und natürlich auch an Lukas, da er sich voll im Panetarium einsetzt und zuhause geht der andere Wahnsinn los, echt stark von euch beiden. Auch muss ich da an meine Eltern denken, was die alles mit uns 6 Jungs durchmachen mussten, vor allem als wir in Davos gewohnt haben, mit der Bäckerei und dem Restaurant welches wir damals hatten, aller grösste Hochachtung vor meinen Eltern und allen Eltern auf dieser Welt, ihr seid grossartig! 
Mal ein Foto mit Mama Neff-Jang

und Mal ein Foto mit Papa Neff-Jang

Das Leben ohne Handy:

Kein Handy zu haben in der Woche ist sehr entspannt und ich kann es jedem empfehlen, sich mal ein paar Tage, ohne zu gönnen. Ich kann mich so vollkommen dem hingeben, was ich grade mache und es gibt kein, ich schaue mal kurz ob mir jemand geschrieben hat oder aus Langeweile, was gibt’s Neues.  Der Sonntag war etwas stressig, muss ich gestehen, dieses Handy hat doch immer noch einen Einfluss auf meinen Gemütszustand und alles von einer Woche in einem Tag zu beantworten, dauert immer etwas. Und dann antworten die alle auch noch so schnell, dass ich dann nochmals schreiben muss, äh natürlich darf 😉. Nein, ich freue mich immer sehr darauf, wenn ich mit der «Aussenwelt» in Kontakt treten darf und es ist immer sehr schön, wenn ich trotzdem, dass ich mich hier «abschotte» so viel von meinen Nächsten und Liebsten hören darf. Danke für diese intensive Sonntage, es ist mir stets eine Freude.

Was habe ich diese Woche sonst noch so gemacht:

Diese Woche war auch wieder geprägt von viel Wein produzieren und wir kommen langsam an ein Ende. Laut unserem Chef Dominic haben wir 75-80 Tonnen Trauben verarbeitet dieses Jahr und wir kommen auch an unsere Kapazitätsgrenzen. Am Montag haben wir zwei neue 800 lt. Tanks bekommen, beide geputzt und kaum waren sie in Position, waren sie auch schon wieder voll, just in time. Und am Freitag kamen dann noch 5 Tanks à 950 lt. welche wir die kommende Woche dann befüllen, verkaufen und nicht selbst abfüllen, weil wir schlicht keinen Platz haben. Also das heisst die werden dann noch 2 Monate bei uns stehen bis der Wein fertig hergestellt ist, erst dann geht’s zum Käufer welche diese dann abfüllt. Klingt im ersten Moment etwas unsinnig, warum füllen wir ihn dann nicht gleich selbst ab? Weil wir nicht diese Verkaufsmengen absetzten können und wenn wir sie nicht diesem Käufer verkaufen würden, dann hätten wir auch diese Tanks nicht und somit wäre dann dieser Wein im Gully gelandet. Und der Wetterwechsel ist auch grade gut für unsere Platzverhältnisse da wir so diese fünf Tanks draussen stehen lassen können und es ist kalt genug.
Und was diese Weinherstellung an Überlegungen benötigt, und welche Schritte dahinterstecken, ist schon unglaublich. Es ist nicht einfach Trauben pressen, Saft in den Tank, Hefe beigeben und warten bis sich das Ding Wein nennt. Je nach Ausbeute der Trauben muss man sich zuerst überlegen welche Grösse an Tank nimmt man dafür, und bei Weisswein muss man diesen mehrmals filtern, was auch ein hin und her pumpen erfordert, und dafür braucht es auch wieder die geeignete Grösse an Tank der frei ist. Beim Rotwein ist es je nach Sorte unterschiedlich, die einen Sorten werden zuerst noch etwas getrocknet und dann gibt es noch unterschiedliche Arten der ersten Gärungen, wie in der Maische in grossen "Eimern" oder in den grossen Tanks wie auf dem folgenden Foto. Und das muss dann auch gepresst werden und auch wieder gefiltert werden. Was mir vorher auch nicht bewusst war, ist die Wassermenge welche wir benötigen um alles immer zu spülen, das ist auch etwas worüber man nicht nachdenkt, wenn man sich ein Glas Wein gönnt. Die Arbeiten welche wir (Andre, Frater Alban und ich) ausführen können, sind spülen der Tanks, entleeren der Presse und das Press-Gut auf den Misthaufen bringen, befüllen der Presse mit neuen Trauben. Und Dominic macht vorwiegend die Denkarbeit, gibt uns die Anweisungen, wann wir was machen können und er macht auch die Proben. Oder er macht dann unsere Arbeit selbst, wenn wir alle Feierabend haben ab 16.00 Uhr, weil bis 17.00 Uhr werden noch Trauben geliefert und die müssen noch am selben Tag verarbeitet werden. Was für ihn bedeutet hat, dass er die letzten 2, 3 Wochen doch auch regelmässig nach 22.00 Uhr oder auch 00.00 Uhr erst zuhause war und das ab 8.00 Uhr morgens, sind dann doch sehr lange Tage. Aber er bekommt da auch jeweils Unterstützung von Denis oder Silvan. Und es ist zum Glück nur in dieser Phase, danach normalisiert sich das wieder. Was jetzt auch viel Druck gemacht hat, war das Wetter, da es immer schön war, konnte und musste man sogar alles ernten, da sonst die Trauben irgendwann anfangen zu faulen und bei Regen kann man nicht ernten, da sonst die Boxen sich mit Wasser füllen, was den Wein verdünnen würde und das wollen wir natürlich nicht.
Die beiden Tanks auf der linken Seite, dienen zur Gärung vom Rotwein
der auch gleichzeitig gekühlt werden kann.


Die Reihe  mit den grossen Tanks mit je 4700 Liter Platz,
die sind alle voll.

Der "Kran" für die Boxen, mit dem Auffangbecken für die Trauben auf der linken Seite,
die Maschine in der Mitte dient zur Trennung der Trauben von den Ästen und von da geht es dann
in die Presse die rechts nicht sichtbar steht.

Und dieses wunderbare schöne Wetter ist nun leider vorbei und das draussen sitzen und am Blog schreiben wird wohl auch ziemlich das letzte Mal gewesen sein, zumindest in kurzen Hosen. Aber ich habe hier genügend Beschäftigungsmöglichkeiten und Platz irgendwo drinnen wo ich an meinen Blog arbeiten kann oder es gibt hier anscheinend eine Natureisbahn gleich beim Kloster, der Fitnessraum wurde mir auch noch gezeigt und Schlitteln oder Langlauf ist es auch möglich. Ich freue mich sehr darauf und hoffe auf viel Schnee.
so lässt es sich entspannt am Blog schreiben :)

Nicht zu vergessen, noch bisschen Geschichte:

Urkunde aus dem Jahr 947 – Kaiser Otto gewährt die Reichsunmittelbarkeit und freie Abts-Wahl
eingekreist: die "Unterschrift des Kaisers"

Ab dem Jahr 947 durfte das Kloster Einsiedeln auf Geheiss des damaligen Kaisers selbst ihren Abt wählen. Sonst war das jeweils so, dass die weltlichen Herrscher die Äbte auswählten. Und mit der Reichsunmittelbarkeit haben sie das Recht bekommen, dass der Abt niemanden sonst unterstellt ist ausser dem Kaiser direkt, was sich bis heute durchgezogen hat, da der Abt keinem, wie normalerweise, Bischof unterstellt ist, sondern direkt dem Papst. Seit seiner Gründung erfreute sich das Kloster Einsiedeln des Wohlwollens und der Unterstützung lokaler Adeliger und der Kaiser des Heiligen Römischen Reiches. Mit den grosszügigen Schenkungen sind auch Herrschaftsrechte verbunden, sodass der jeweilige Klostervorsteher, der Abt, in den folgenden Jahrhunderten als Fürstabt über sein Gebiet regiert. Diese Verbindung von geistlichem Auftrag und weltlicher Macht war jedoch nicht besonders förderlich für das weitere Gedeihen des Klosters. Denn seit dem 13. Jahrhundert wurden nur noch Söhne des Adels ins Kloster aufgenommen, was in den folgenden Jahrhunderten zur kontinuierlichen Dezimierung des Einsiedler Konventes führte. Erstaunlich an dieser Urkunde ist, der Kaiser konnte vermutlich weder Lesen noch schreiben, das einzige was er da auf der Urkunde geschrieben hat, war wohl das Kreuz was zwischen den beiden senkrechten Strichen ist. Heute wäre das unvorstellbar, wer unterzeichnet schon etwas, was man vorher nicht gelesen hat, oder wenn man gar nicht lesen kann, der Mann musste Gott Vertrauen in seine Leute gehabt haben.    

Meine Gefühlslage:

Um ehrlich zu sein, fällt es mir diese Woche schwer mich in Worte zu fassen oder so das ich ein gutes Gefühl habe beim schreiben, aber das ist halt so und doch kann und möchte ich mich nicht davor drücken. Sonst fühle ich mich sehr gut und es ist wirklich ein Glück und ich bin dankbar für diese Möglichkeit hier und dass ich mir so eine Auszeit nehmen kann. Und ich werde immer ausgeglichener und spüre eine innere Ruhe und Kraft die mir vorher fremd war. Ich hatte früher immer mal wieder kreative Phasen, immer mal wieder einfühlsame Momente aber unregelmässig und ich konnte mir nicht erklären, woran das lag. Mittlerweile kann ich es einordnen und weiss, dass der innere Konflikt und der Stress, den ich mir gemacht habe, mich daran hinderte. Und dass ich in den Phasen der Klarheit und dem Hier und jetzt war, in denen ich diese Kreativität ausleben konnte oder eben auch das offene Ohr hatte für meine Nächsten, was aber unkontrolliert und immer seltener wurde. Jetzt mit den vielen Ruhephasen übe ich mich darin, nichts zu denken, nicht in der Vergangenheit stochern oder über die Zukunft nachstudieren, sondern einfach SEIN, im hier und jetzt, alles andere ist jetzt nicht wesentlich, in diesen Momenten habe ich plötzlich Energien, welche ich vorher nicht hatte und so in dieser Art und Weise auch nicht kenne. Und wenn ich dann mal den Gedanken freien Lauf lasse und sie in eine gewisse Richtung lenke, werde ich kreativ und habe Ideen, was in mir eine intrinsische Motivation auslöst, um weiterzumachen. 

Danke, dass du meinen Blog liest und ich hier die Möglichkeit habe mich mitzuteilen, Dir wünsche ich eine erfolgreiche Woche und bis bald
Liebe Grüsse Pascal




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