Meine 9. Woche

 Hallo, Grüezi und guten Tag aus Einsiedeln in die grosse weite Welt.

Meine 9. Woche:

Diese Woche war in ziemlich allem speziell, wie es im klösterlichen Alltag speziell sein kann. Am Sonntag durfte ich mit Abt Urban nach Trier fahren, die älteste Stadt Deutschlands und ehemalige Hauptstadt des römischen Reichs, das ist doch was, oder? Ich wusste das nicht und habe vorher auch noch nie von Trier gehört, und ich kann es darum empfehlen, wer so alte Städte mag, im italienischen, römischen Stil und vielleicht in der Nähe von Trier wohnt (das ist im Rheinland-Pfalz, nahe der Grenze zu Luxemburg), sollte sich diese Stadt unbedingt mal anschauen. Der Dom und die römischen und alten Gebäude und Thermen sind es wert gesehen zu werden.

Trierer Dom links und rechts die Frauenkirche. 

Der Dom von hinten aus dem Garten.

Der Dom wurde in den 70er Jahre renoviert und das merkt man am Stil und an gewissen Details, die zu dieser Zeit passen, zumindest so wie ich mir die 70er Jahre vorstelle 😉. Auch durfte sich ein damals bekannter und nicht ganz unumstrittener schweizer Künstler, mit 2 grossen Bildern verewigen. Wie es dazu kam? Nun, sie wollten, so die Erzählungen, aus allen Zeiten der kirchlichen Geschichte die Kunst miteinfliessen lassen und der schweizer Künstler, Ferdinand Gehr, war der aus der damals aktuellen Zeit. Er war deswegen umstritten, weil seiner Kunst nachgesagt wurde, das wären Kindermalereien. Anscheinend hätte beim Zeichnen in einer Kirche ein Besucher zu ihm gesagt, das was er da macht könnte ja jedes Kind. Ohne sich umzudrehen, soll seine Antwort gewesen sein: " Ja, jedes Kind könnte das, Sie aber nicht."

Eins der Bilder von Ferdinand Gehr.

Die armen Kirchenmäuse, einer der verstecken Künste :)
Auch der Durchblick vom Dom zum Kreuz über dem heiligen Rock, ist sehr schön, kunstvoll und beeindruckend gemacht. Der Überlieferung nach, soll die hl. Helena, die Mutter Konstantins des Großen, den Heiligen Rock nach Trier gebracht haben. Dies behaupten Quellen aus dem 12. Jahrhundert. Es finden jährlich Walfahrten zu dieser Reliquie statt, nur gezeigt wird der Rock nicht jedes Jahr, sondern nur noch zu besonderen Anlässen wie das letzte Mal 2012, als ein 500-jähriges Jubiläum gefeiert wurde. Der Zustand des Rocks ist aufgrund schlechter Lagerung und falscher Behandlung nicht gut und er wird auch nicht mehr aufgehängt wie früher sondern liegt in einer Vitrine und muss regelmässig kontrolliert werden.  

Unter dem Zelt Jesu und Gott, sehr schöne Darstellung.

Hinter er Tür, unter dem Kreuz liegt der heilige Rock

Es sieht einfach nicht annährend so gut aus auf dem Foto, 
wie wenn man es selbst erlebt.

Am Abend hatte der Abt dann noch eine Sitzung mit dem Bischof von Trier. Meine Wenigkeit durfte mit Carsten, einem Priester, der schon seit einigen Jahren regelmässig in Einsiedeln zu Besuch kommt, den Abend verbringen und die Weine probieren und geniessen, für welche die Region in Trier bekannt ist. Am Montag sind wir dann weiter nach Luxemburg gefahren, mit dabei war dann auch noch der Weihbischof Anton von, ach weiss ich nicht mehr, irgendwo Deutschland, sympathisch ist er und eine lustige Fahrt war es alle Mal. Ich hatte dann einen Nachmittag frei und der Abt durfte währenddessen mit dem Weihbischof und anderen Bischöfen noch eine Sitzung abhalten. Auch Luxemburg hat einiges zu bieten zum Thema Altstadt und Kultur, bisschen versnobt ähnlich wie Zürich, aber schön. Und wem das gefällt und es interessiert, dann lohnt sich bestimmt für einen Besuch und ist nur 1 Stunde von Trier entfernt. Ich will ja keine Werbung aber.. 😉

Die goldene Frau in Luxemburg, war bestimmt eine 
wichtige Persönlichkeit.

Was war denn noch diese Woche?

Mittwoch war Allerheiligen und somit ein Feiertag und ich durfte leider nicht arbeiten, am Donnerstag und Freitag konnte ich dann noch Pater Gregor beim Umzug in ein neues und grösseres Zimmer helfen. Der Keller hat diese Woche nicht viel von mir gesehen, was aber auch nicht schlimm ist, da der grösste Teil gemacht und Frater Alban wieder voll da ist. Pater Thomas hat mir noch ein paar kleinere Aufgaben geben, welche ich selbstständig erledigen darf, was hier aber keiner grossen Erwähnung bedarf. Von Freitag bis Sonntag hatte ich noch Besuch von Daniel. Wir hatten viele gute Gespräche über Gott und die Welt und es ist, wie jedes Mal mit Ihm, ganz schön, und ganz schön fordernd, und bewegend, da sein Interesse und die Fragen, die er stellt, meist ganz schön den wunden Punkt treffen. Danke dafür, lieber Daniel. Es ist einfach schön mit dir. 😉

Danke für Deinen Besuch, es war ganz schön...😋
für die, die uns nicht kennen: von links nach rechts: Daniel, Pascal.

Wie geht es mir und was beschäftigt mich grade besonders?

Es war eine wunderschöne Woche, auch wenn das Wetter nass, «wüescht» (hässlich) und kalt war, hatte ich viele schöne Momente und gute Gespräche, an welche ich mich gerne zurück erinnern werde, mich teilweise auch noch eine Zeit lang beschäftigen werden und meinen Horizont erweitern konnten. Was mich diese Woche und je länger, je mehr, stark beschäftigt, ist die katholische Interpretation des Lebens und des Glaubens. Warum ist dieser Ton, den wir im Gebet und in den Evangelien und der Bibel haben, warum muss der so sein, so sich selbst klein machend, Gott personifizierend, zu meinem Herrn, mich zu einem schon von Geburt an sündigen Diener, alles Gute kommt nur von Ihm, nur dank ihm gibt es die Liebe und alles andere ist schlecht und er ist der einzig Wahre. Ist es nicht so, dass wie Jesus sagt: «Wenn du liebst, hast du alle Gebote erfüllt»? Die Liebe ist doch allumfassend. Egal was ich tue und woher ich komme, egal was ich glaube und welche Weltanschauung ich habe, egal wie ich denke und handle. Die Liebe ist  im Hier und Jetzt und nicht erst nach dem Tod, findet jetzt statt. Meine volle Aufmerksamkeit bei den Gesprächen mit meinen Nächsten, mein Umgang mit der Umwelt, den Tieren und der Natur, mein Umgang mit mir selbst, die Liebe die ich jedem, mich eingeschlossen, schenke, ist das nicht Gott? Ist nicht vollumfänglich gelebte Liebe die Erleuchtung? Ist nicht der Weg das Ziel und jede Begegnung eine Chance für die Liebe? Aber wem erkläre ich Liebe, wem erkläre ich im Hier und jetzt zu sein, ich muss doch für die Zukunft planen, die Probleme, die ich habe, lassen mich nicht im hier und jetzt sein, die Ängste und Unsicherheiten, welche ich habe, lassen mich nicht lieben, die Vergangenheit, die ich erlebt habe, beschäftigt mich zu sehr, dass ich mich auf den jetzigen Moment einlassen kann. Was ich denke, bin ich. Bin ich? Meine Gedanken? Das ist doch falsch. Der Punkt kommt nach: ich bin. Meine Gedanken sind Antworten meines Verstandes auf das von mir bisher erlebten und das bin ich nicht, sondern das HABE ich erlebt, sind meine Erfahrungen, daraus leite ich mein Verhalten ab. Und mein Verhalten bin ich auch nicht, das ist das Resultat meiner Erfahrungen. Was bin ich dann? Wer bin ich? Ich bin «Punkt». Und das ist das so schwer Greifbare, denn daran gibt es nichts zu verstehen, es ist jenseits vom Verstand und wenn es jenseits vom Verstand stattfindet, gibt es nichts zu verstehen, sondern ich kann es fühlen, ich kann bedingungslos lieben und sein, es sein lassen, loslassen und leben. 

Weil es so schwer zu erklären ist, hat wohl die Kirche, als Institution, auch solche greifbaren Sakrilege geschaffen und Regeln definiert damit man es verstehen kann und es weitergeben kann. Und da fängt die Ausgrenzung an, da fängt es an, dass das anders sein nicht mehr in Ordnung ist, weil es nicht verstanden werden kann, weil es mein Horizont nicht zulässt. 

Aber ich muss nicht alles verstehen, ich kann einfach zuhören und hinsehen, mitfühlen und geniessen. Lieben und leben, das ist doch wofür wir hier sind. 

In diesem Sinne, lebe und liebe, denn was gibt es Schöneres? Bis zum nächsten Mal liebe Grüsse 

Dein Pascal 


Kommentare

  1. Lieber Pascal,
    ich freue mich immer, dich lesen zu können und zu wissen, dass dein Leben und deine Erfahrungen hier voranschreiten. Ich bin so froh zu wissen, dass ein Freund dich besucht hat. Ich freue mich darauf, die restlichen Geschichten zu lesen...!
    Bleib artig !

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